Erfahrungsberichte

Liebe Mitglieder, Freunde und Förderer,

leider ist unsere für den 1.4.2020 geplante Mitgliederversammlung ein Opfer des Versammlungsverbotes aufgrund von Corona geworden.

Wenn wir uns schon nicht treffen und im Gespräch über Entwicklungen und Pläne des Berufsbildungszentrums in Muleba informieren und uns austauschen können, so möchten wir Sie/Euch wenigstens auf diesem Weg informieren. Über Anregungen und Kommentare zu verschiedenen Überlegungen für die Zukunft würden wir uns besonders freuen, weil wir nur so wirklich gemeinsam an der Weiterentwicklung des MLVTC arbeiten können.

Im April/Mai 2019 mussten wir zwei sehr enttäuschende Informationen zur Kenntnis nehmen:

  • In den offiziellen Abschlussprüfungen im Dezember 2018 hatte von 19 Teilnehmern an der zweijährigen ICT-Ausbildung kein Prüfling das eigentlich angestrebte Level II erreicht.

6 Prüflinge waren komplett durchgefallen, 13 Prüflinge hatten wenigsten mit dem Level I bestanden.

  • Für die im 1.Quartal 2019 aufzunehmende neue Klasse konnten nur 15 Auszubildende eingeschrieben werden.

Diese Informationen haben bei uns im Vorstand und Aufsichtsrat große Sorgen und viele Fragen aufgeworfen. Unseren tansanischen Partnern haben unsere Fragen vermittelt und gleichzeitig deutlich gemacht, dass wir zwar die zugesagten Stipendien weiter zahlen, neue finanzielle Zusagen aber nur geben können, wenn die Ergebnisse der Abschlussprüfung 2019 befriedigend ausfallen und in den ersten Monaten 2020 eine volle Klasse mit mindestens 20 Auszubildenden aufgenommen wird.

Wir können helfen und Ratschläge geben. Die Qualität der Ausbildung und das öffentliche Ansehen des Bildungszentrums und das Anwerben neuer Auszubildender müssen durch unsere tansanischen Partner gewährleistet werden. Wir in Deutschland hatten die Gewissheit verloren, dass wir das MLVTC erfolgreich weiterführen können. Deshalb haben wir uns im letzten Jahr mit Informationen, Spendenaufrufen und auch Besuchen in Tansania zurückgehalten.

Im Februar 2020 ist Klaus Lurse dann nach längerer Zeit erstmals wieder nach Muleba gefahren , um mit den tansanischen Partnern unsere Fragen und Überlegungen zu besprechen. Nach dieser Reise konnte er von einigen ermutigenden Eindrücken, Zusagen und Entwicklungen berichten:

  • Der gesamte Campus des MLVTC wirkt sauber und ordentlich, die Hecken und Rasenflächen frisch geschnitten (mit dem Haumesser!)
  • Die in 2019 eingestellten neuen Lehrer: Theogenes Gosbert (Mathe, Engineering Science) und Jackline Vedasto (Matron und allg. Fächer) machen einen guten Eindruck im Unterricht und arbeiten engagiert auch außerhalb der normalen Unterrichtszeiten mit den Azubi.
  • Aus den Abschlussprüfungen im Dezember 2019 werden deutlich bessere Prüfungsergebnisse erwartet. Die offiziellen Ergebnisse liegen allerdings bis heute noch nicht vor.
  • Trotz der dürftigen Prüfungsergebnisse haben nach Aussage unseres Schulleiters fast alle Azubi recht ordentlich bezahlte Arbeit gefunden. Mit drei Absolventinnen hat Klaus Lurse persönlich gesprochen. Ihre Chefs sind zufrieden, diese jungen Frauen verdienen recht ordentlich, d.h. genug um selbst ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Nach eigener Aussage haben die in der Ausbildung erworbenen Computerkenntnisse den Ausschlag gegeben, dass ihre Bewerbungen erfolgreich waren. Die Lehrer des MLVTC wollen nun versuchen, möglichst viele unserer Absolventen der vergangenen Jahre zu erreichen, telefonisch die aktuelle Beschäftigungssituation der Absolventen zu erkunden und daraus einen aussagefähigen Nachweis zu erbringen, dass die Ausbildung im MLVTC unseren Absolventen gute Beschäftigungschancen vermittelt. Wir warten jetzt gespannt auf die Ergebnisse.
  • Bis Ende März konnten 13 neue Auszubildende in die ICT-Klasse aufgenommen werden. Goldian Nteboya erwartet, dass es noch deutlich mehr werden.
  • Ohne jede finanzielle Unterstützung aus Deutschland wurde im MLVTC als 2. Berufsbild die Ausbildung zum Elektriker eingerichtet. Dazu wurden einige technische Werkzeuge und Material aus dem Berufsbildungszentrum in Ntoma nach Muleba gebracht. Der ehemalige Speiseraum im (alten) Wohnheim zu einer Elektrowerkstatt umgebaut und auch einige Auszubildende von Ntoma nach Muleba verlegt. Der Fachunterricht in Elektrik wird von einem Lehrer des Muleba Polytechnique geleistet. Ein anderer Lehrer des Muleba Polytech unterrichtet inzwischen technisches Zeichnen – ein Fach, in dem unsere Azubi auch wegen des Fehlens eines kompetenten Fachlehrers immer schlechte Prüfungsnoten erreicht haben. Diese Eigeninitiative und Kooperationen bestärken uns in dem Eindruck, dass unsere zurückhaltung auch positive Wirkungen zeigt. In Kürze werden wir wissen, ob wir bei den Elektrikern auch tragfähige Klassenstärken erreichen.
  • Sehr deutlich wurde auch durch den Generalsekretär, später auch in einem intensiven persönlichen Gespräch mit dem Bischof bestätigt, dass das MLVTC auch von der Nordwest-Diözese als sehr wertvoll und erhaltenswert eingestuft wird. Offensichtlich sind das Bewusstsein und die Bereitschaft gewachsen, für die Qualität der Ausbildung und den Aufbau einer guten Reputation des MLVTC mehr lokale Eigenverantwortung zu übernehmen.
  • Kennengelernt haben wir während dieses Besuches Nicolaus Tinkamwesigile, Abteilungsleiter in der Verwaltung der Nordwestdiözese. Er kam zu dem Gespräch extra am Samstagnachmittag nach Muleba. Nicolaus ist ein ideenreicher und zupackender „Managertyp“, von dem wir uns Anregungen und Unterstützung in der Weiterentwicklung des MLVTC erhoffen. Zwischenzeitlich ist Nicolaus vom Aufsichtsrat als 2.Geschäftsführer des MLVTC bestellt worden (teilzeit und ehrenamtlich).
  • Auf Empfehlung unserer Ansprechpartner im Entwicklungsministerium haben wir auch die Möglichkeit einer engeren Kooperation mit VETA, der staatl.Berufsbildungsbehörde, die selbst u.a. in Bukoba eigene Berufsbildungszentren betreibt, ins Gespräch mit unseren kirchlichen Partner gebracht. Der Gedanke wurde von Bischof, Generalsekretär und Nico Tin- kamwesigile sehr positiv aufgenommen. Nicolaus wird in den nächsten Monaten mit hochrangigen Vertretern von VETA erruieren, ob und welche Formen der Kooperation mit VETA möglich sind. Wir könnten unsererseits in einer solchen Kooperation auch deshalb eine große Chance zur Zukunftssicherung des MLVTC sehen, weil uns vor 1,5 Jahren noch von Plänen berichtet wurde, das die Regierung in Muleba ein eigenes Berufsbildungszentrum aufbauen will, das dann mit sehr niedrigen Schulgebühren mit dem MLVTC um Auszubildende konkurrieren würde.

Diese Eindrücke haben bei uns allen im  Vorstand des Vereins und im Aufsichtsrat des MLVTC wieder vorsichtigen Optimismus wachsen lassen. Jetzt warten wir auf die Bestätigung:

  • Ordentliche Prüfungsergebnisse aus dem Abschluss 2019: wichtig auch für das öffentliche Ansehen des MLVTC
  • Gut gefüllte neue Klassen in ICT und Elektrik: wichtig für die finanzielle Stabilität des Bildungszentrums
  • Den Nachweis ordentlich bezahlter Erwerbstätigkeit unserer Absolventen im MLVTC: wichtig für uns, weil das unser finales Ziel ist. Wichtig aber auch vor Ort für das Ansehen und die Bereitschaft von Eltern in die Ausbildung ihrer Kinder im MLVTC mit eigenem Schulgeld zu investieren.

Eigentlich sollten diese Bestätigungen heute bereits vorliegen. Das hat nun Corona verzögert, denn auch in Tansania sind seit zwei Wochen alle Schulen und viele Betriebe geschlossen. Das ist vermutlich eine richtige Entscheidung, obwohl die Anzahl der bekannten Infektionen derzeit in Tanzania noch sehr gering ist. Unvorstellbar, welche Folgen eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus in diesem Land mit dem schwachen Gesundheitssystem hätte.

Deshalb warten wir jetzt erst einmal geduldig die nächsten Wochen und neuen Informationen ab, ehe wir neue Entscheidungen zu Stipendien und anderen Formen der Unterstützung treffen. Große Aktivitäten stehen nicht an. In jedem Fall wollen wir in den nächsten Wochen die Homepage des MLVTC wieder aktivieren und in Deutsch, Englisch und Suaheli auf den neusten Stand bringen.

Wir melden uns wieder, wenn wir mehr Informationen haben.

Mit herzlichem Gruß
Klaus Troja